„Schneller zu schreiben, das ist so unmöglich für mich, als würde mir jemand sagen, dass ich von 1,65 Meter auf 1,92 Meter wachsen soll.“
Mit diesen Worten erklärt Alois Hotschnig, der diesjährige Preisträger des Mainzer Stadtschreiber-Literaturpreises, in der Aula des Gutenberg-Gymnasiums, warum er sieben Jahre an seinem aktuellen Roman „Der Silberfuchs meiner Mutter“ gearbeitet hat. Etwa 100 Schüler*innen aus sechs Leistungskursen hören ihm äußerst konzentriert zu, als er ihnen daraus vorliest. Das Besondere an diesem Roman: Der Schriftsteller Heinz Fitz hat Hotschnig seine Lebensgeschichte anvertraut – aus der Gewissheit heraus, dass Hotschnig ein Mensch ist, der mit einem solchen Geschenk behutsam umgeht. Es ist die Lebensgeschichte eines Mannes, der als Sohn einer Norwegerin und eines Wehrmachtssoldaten im Jahr 1942 zur Welt kommt, teilweise in einem Heim des nationalsozialistischen Vereins Lebensborn und teilweise allein mit seiner Mutter in Österreich aufwächst, weil der Vater beide verstoßen hat. Wahrhaftig kein einfaches Thema, doch „Hotschnigs Stimme macht es einem leicht, sein Erzähltes zu visualisieren“, sagt eine Schülerin und erklärt damit die große Aufmerksamkeit während der Lesung.
Wie wertvoll für Alois Hotschnig der Austausch nicht nur mit Heinz Fitz, sondern überhaupt mit anderen Menschen ist, haben die Schüler*innen auch danach erlebt, als er mit ihnen – auf seinen eigenen, ausdrücklichen Wunsch hin – in einen ausführlichen Austausch über seine Arbeit als Schriftsteller kommt. Hotschnig hat sichtbar Freude daran, die klugen Fragen des interessierten Publikums zu beantworten. „Man hat gemerkt, wie wichtig es ihm ist, die Fragen der Schüler*innen möglichst hilfreich zu beantworten“, beschreibt eine Schülerin ihren Eindruck. Ein Schüler charakterisiert die intensive Atmosphäre in der Aula so: „Man konnte ihn durch seine Offenheit direkt als eine Art Freund sehen.“ Besonders deutlich wird einer Schülerin im Laufe des Gespräches, „wie er für seine Arbeit brennt“, weil er so sympathisch und leidenschaftlich davon erzählen kann. Die Schüler*innen haben eine große Wertschätzung durch den Stadtschreiber gespürt: „Besonders fand ich, wie viel Zeit er sich für die Fragen jedes einzelnen Schülers genommen hat und mit welcher Ruhe und Bedachtheit er diese beantwortet hat.“
Alois Hotschnig gibt im Laufe des Gesprächs durchaus konkrete Hinweise zum Schreiben aus seiner eigenen Erfahrung als Schriftsteller weiter, als es zum Beispiel um die Frage geht, wie man eine Schreibblockade überwinden kann: Er selbst diktiert in seinem Alltag Beobachtungen erst einmal spontan in ein Diktiergerät, bevor er sie dann zu Papier bringt. Oder schreibt bei einem Text nicht nur einen, sondern gleich mehrere erste Sätze auf, um später in Ruhe zu überlegen, welcher am besten passt. Eine Schülerin hat diesen Tipp gleich einmal ausprobiert und festgestellt, dass er ihr sehr geholfen hat.
Was die Schüler*innen Alois Hotschnig zum Abschied sagen möchten? „Vielen Dank, dass sie sich die Zeit genommen und ihre Leidenschaft mit uns geteilt haben!“
Ein ganz besonderes Dankeschön geht auch an Frau Dr. Susanne Becker, Kulturredakteurin beim ZDF und Vorsitzende der Stadtschreiberjury, für die Vermittlung, Vorbereitung und Begleitung dieser ganz besonderen Veranstaltung!
Antje Göttges